Aus einem Gebet aus Taize

DU, der Auferstandene, nimmst uns so an, wie wir sind, mit dem Herzen, das wir haben. Warum sollten wir uns erst an dich wenden, wenn sich unser Herz verändert hat?
DU bist es doch, der es verwandelt. Selbst mit den Dornen unseres Lebens entzündest du ein Feuer. Aus unseren Wunden lässt du wie in der Wüste Blumen wachsen und die Freude blüht auf!

 Aus nachvollziehbaren Gründen ist mir dieses Gebet wertvoll geworden und geblieben. Texte „treffen“ nicht jede und jeden gleichermaßen. Dieser hat bei mir gesessen.
„Du bist es doch, der es (mein Herz) verwandelt“, so sollte man das beten. Der Glaube an das Geschenk, von IHM  verwandelt zu werden, ist befreiend. Er verweist die Zwänge zur „Selbsterlösung“ ins Abseits. Der Glaube trifft bisweilen auf spirituell verhärtete „Herzkranzgefäße“. Wir hätten es gerne anders, aber an unserer Realität kommen wir nicht vorbei.
Der Glaube will uns angesichts dessen disponieren, an die verwandelnde Kraft des Auferstandenen zu glauben zu können. Ein Lebensprogramm! So darf ich nach 50 Jahren sagen. Oft weggeblendet ist es doch präsent geblieben. „DU bist es, der verwandelt“. Das haben wir nicht in der Hand, darüber können wir nicht einfach verfügen. Und doch dürfen wir uns dieser verwandelnden Kraft überlassen.
„Aus den Wunden unseres Lebens lässt du wie in der Wüste Blumen blühen“. Auch wenn dies zu „blumig“ erscheinen mag, das Bild will die Macht der Verwandlung zum Sprechen bringen.

„Wirf dein Herz voraus. Gott fängt es behutsam auf und wartet auf deine Füße“.

Ein weiteres Wort von Kyrilla Spiecker OSB. Vor 50 Jahren kannte ich es natürlich nicht. Im Rückblick würde ich sagen: So war es wohl. Die Entscheidung zur Profess mit all ihren Unklarheiten war so etwas: „das Herz voraus werfen“ ins total Unbekannte. Die Spannkraft junger Jahre war natürlich eine gute Startrampe. Das Wissen um mögliche Gefahren entsteht erst im Laufe der Jahre.
Dass Gott auffängt ist mir erst später bewusst geworden. Gott hat da einige Helfer aufgeboten, die ganz konkret aufgefangen haben. Ein Herz, das aufgefangen werden soll, braucht behutsame „Fänger“. Auch das wird meist im Rückspiegel erkennbar. Ein Grund zu bleibender Dankbarkeit. Manches Gesicht taucht jetzt auf, Menschen, die mich aufgefangen haben. Manche haben es vielleicht nicht einmal bemerkt; auch sie haben mich Gott erleben lassen.
Nicht nur Gott hat bisweilen auf meine Füße warten müssen. Schritte fallen nicht immer leicht; manche geraten recht umständlich. Da wird deutlich, dass die längst notwendigen Entschlüsse den Weggefährten viel Geduld abverlangen. Geduld miteinander ist ein Kennzeichen guter Gemeinschaft. Die Bibel spricht von Gott als dem Langmütigen. Das Wort der Benediktsregel (RB 4,74) ließe sich auch so verstehen: An der Langmut Gottes niemals verzweifeln.
„Die Seele vorauswerfen“ bleibt ein guter Impuls. Damit wird die Zukunft positiv besetzt.

Gott hat mit Allem zu tun. Ich habe es in Allem mit Gott zu tun.

Beim Aufräumen hatte ich den kleinen Band „Markierungen“ von Sr.Kyrilla Spiecker OSB kurz in der Hand und warf ihn aber zum Altpapier. Dann, beim Wegbringen habe ich das kleine  Buch doch wieder herausgenommen. Ich fand nach Jahren schnell noch einmal Freude an den knappen Worten und ihrer Kraft. So kann ich z.B. diesen Gedanken hier präsentieren.Habe ich es in allem mit Gott zu tun? Außenstehende würden wohl denken, dass das für einen Mönch schon selbstverständlich sei, dass er es in allem mit Gott zu tun hat.

Die Profess vor 50 Jahren sollte zum Ausdruck bringen, dass mein Leben in allem mit Gott zu tun habe. Es dauerte bis ich merkte und ein Gespür dafür bekam, dass Gott irgendwie in allem steckt und präsent ist: im Alltäglichen, in den Brüdern, im Gottesdienst, in Freundschaften, in den Herausforderungen, im Unscheinbaren und vielem mehr. Das „Ineinander“ all dieser Facetten gibt immer neu zu denken. Ich hatte und habe es zu tun mit dem Gott, der mich weiterbringt, ermutigt und mich weder in Ruhe noch im Stich lässt. Das ist nicht jeden Tag und in allen Situationen zu spüren. Ratloses Warten und Aushalten gehören auch zum Weg mit Gott. Wie oft wird erst im Nachherein klar, was dies und das zu bedeuten hat.

Auch die Gottesdienste sind nicht immer Sternstunden. Manchmal ist allein die physische Anwesenheit die Voraussetzung dafür, dass das „Depot“ wieder gefüllt wird. Gottesdienste schützen nicht automatisch vor Gottlosigkeit. Auch im Gottesdienst kann Gott aus dem Blick geraten. Das Wissen, dass er uns im Blick hat, kann und sollte dann zur tragenden Gewissheit werden. Gott, mein Schöpfer und Vollender hat weiter mit mir zu tun.